Der Ursprung des Ortsnamens und seine Bedeutung

Die Herkunft des Ortsnamens Großfahner zu deuten, ist nicht ganz einfach, da er wohl zu den etwas Ungewöhnlicheren zählen dürfte. Einige Sprach-, Geschichts- und Heimatforscher haben sich bereits daran versucht, Licht in das Dunkel der Namensgebung zu bringen.
Die erste Schreibweise Großfahners, zugleich die erste urkundliche Erwähnung unseres Ortes, erscheint 874 in einer Abgabenliste (Zehnt) des Klosters Fulda. Als Uuanari item Uuanari werden die Orte Groß- und Kleinfahner bezeichnet. Später wurde daraus Yaneri (Fanari) und im 9. Jahrhundert heißt Großfahner Fanre. Als mögliche Namenspaten werden die Herren von Vanre oder Vanri gehandelt, in deren Besitz Großfahner wahrscheinlich von 1370 bis 1412 war. Ist der Name Großfahner womöglich eine Ableitung aus den Besitzverhältnissen dieser Zeit? Ortsbezeichnungen rühren häufig von alten Besitzern her, doch werden diese Orte oft als -hausen, oder -stedt, jemandes Haus oder Wohnstätte, genannt. Artur Meng (1933) hält in seiner Zusammenfassung über den Ursprung des Namens Fahner fest, dass Großfahner eine Ableitung von dem althochdeutschen, zusammengesetzten Wort „gundfanari“ sein könnte. Dieses Wort bedeutet: „Einer, der das Feldzeichen voranträgt.“ Er weist auch auf das gleiche Wort im Mittelhochdeutschen hin, das dort als vaner, vener, venre vorkommt, was soviel wie Fähnrich bedeutet.
Die Herren von Vanre oder Vanri waren die Kammerherren der Landgrafen von Thüringen. Von diesen wurden sie bereits 1370 mit dem Schloss in Großfahner belehnt. In den Ausführungen von J.G.A. Galletti (1781) ist zu lesen, dass ein Heinrich von Vanre 1227 den Landgrafen Ludwig IV auf seinem Kreuzzug begleitete. Neben dem Amt der Erbkämmerer waren die Herren von Vanre auch die Banner- oder Fahnenträger der Thüringer Landgrafen. Fest steht, dass das Geschlecht derer von Vanre zu dieser Zeit sehr weit verbreitet war und deshalb der Ursprung seines Namens wohl zweifelhaft auf die Tätigkeit eines Vorfahren als Fähnrich oder Bannerträger zurückzuführen ist. Die Übertragung des Familiennamens auf den Ort müsste wohl sehr viel früher geschehen sein, als die Herren von Vanre überhaupt im Besitz der Lehen auf Großfahner waren. Durch Quellen lassen sich die von Vanreschen Besitzverhältnisse vor dem 14. Jahrhundert bisher leider nicht sicher belegen.
Die Endung „er“ oder „ar“ kann auf das Umfeld des Ortes hindeuten. Es ist in etwa gleichzusetzen mit öde und leer (von Seebach, 1978). Die Ortschronik belegt, dass Großfahner bis zum Beginn des Obstanbaues keine besonderen Erwerbszweige besaß. Artur Meng legt in seiner auf Florschütz bezogenen Ausführung dar, dass die Schlösser auf den Grundmauern einer alten Wasserburg erbaut wurden. Die älteren Bürger werden sich erinnern, dass es vier Ecktürme, von welchen zuletzt nur noch der Hexenturm stand, und einen tiefen Burggraben besaß. Die Wasserburg, welche 1646 im 30jährigen Krieg zerstört wurde, wurde in einem sumpfigen oder zumindest sehr feuchten Gebiet erbaut, um Angreifer möglichst frühzeitig abwehren zu können. Auch die Bezeichnung des Baches Jordan, auf Althochdeutsch „Gordano“ bedeutet soviel wie Sumpf (gor = Sumpf).
Einen weiteren bedeutenden Hinweis gibt das Wort „fanare“, was soviel bedeutet wie Tuchwirker oder Weber. Reinhold Andert (1995) schreibt in seinem Buch „Der Thüringer Königshort“, dass in Großfahner einstmals die königliche Textilwerkstatt beheimatet gewesen sei. Diese Deutung erscheint glaubhaft, wenn man annimmt, dass die Thüringer Könige ihren Herrschaftssitz in Herbsleben (in der ersten Erwähnung als Herifridesleiban oder Her-friedes-leba bezeichnet), unweit von Großfahner hatten, denn damit bekommen auch andere Ortsnamen der Umgebung einen Sinn. Gierstedt zum Beispiel wird als die königliche Waffenschmiede gedeutet, denn das alt-hoch-deutsche Wort „Ger“, Gierstedt wird im Jahre 1288 als Gerstete bezeichnet, bedeutet Speer oder Waffe (Andert, 1995). Als weiteren Beweis für die Zunft der Tuchwirker führt Reinhold Andert den Fund eines Reihenfeldergrabes der alten Thüringer aus dem 5. Jahrhundert an, welches dreizehn Körpergräber und ein Pferdegrab enthielt. Interessant sind dabei die Grabbeigaben, unter welchen sich ein Webschwert und eine Knochennadel befanden. Pferdebestatttungen lassen sich für die altthüringer Zeit und nur in Verbindung mit Adelsgräbern nachweisen (Andert, 1995) Nach Meng ist noch festzuhalten, dass die Endung „ari“ in Uuanari und Yaneri bzw. Fanari auf eine, einen Beruf ausübende Person hindeuten könnte. Fahner kann also auch als „Fahnenmacher“ aufgefasst werden. Tuchwirker und Fahnenmacher? Ein Zusammenhang zwischen diesen Auslegungen lässt sich nicht grundlegend ausschließen. Vielmehr unterstützen diese Deutungen die Vermutung, dass Großfahner im 5. Jahrhundert tatsächlich das Zentrum der königlich-thüringischen Textilmanufaktur gewesen sein könnte. Mit der Eroberung Thüringens durch die Franken im Jahre 531 dürfte auch die Zeit der Tuch- und Fahnenmacherei in Großfahner zu Ende gegangen sein.
Uuanari, Yaneri, Fanari, Vahnern, Fanre, Faner und Fahner – die verschiedenen Schreibweisen entstanden im Lauf der Jahrhunderte und unterlagen immer wieder Veränderungen. Verkürzungen, Weglassungen oder Ergänzungen haben den Charakter der Ortsnamen verändert und machen die Deutung schwierig. Die Auslegung Großfahners als Textil- und Fahnenmacherwerkstätte der Thüringer Könige ist jedoch wahrscheinlich.

Literatur:
Andert, Reinhold (1995): Der Thüringer Königshort. Dingsda Verlag, Querfurt.
Galletti, Johann Georg August (1781): Geschichte und Beschreibung des Herzogthums Gotha. Gotha.
Meng, Artur (1933): Was bedeutet der Name Fahner? In: Kirchenglocken, Evangelisches Gemeindeblatt für die Kirchengemeinden Großfahner, Kleinfahner und Gierstedt.
von Seebach, Alexander Freiherr (1978): Mit dem Jahrhundert leben – Eine Familie im sozialen Wandel. Heinz Holzberg Verlag, Oldenburg.