Der „FRIEDEL“ aus Großfahner

Die Geschichte der PGH Fahrzeugbau Großfahner und wie alles begann

Von Heinrich Paetow, Eberhard Büchner und Thomas Daniel

In Erinnerung an Walter Paetow, Ilse Moths, verw. Paetow und Huldreich Moths

Er war und ist im ganzen Land bekannt und unter Kennern Kult, der „Friedel“ aus Großfahner. Wer jetzt an eine berühmte Persönlichkeit denkt – weit gefehlt. „Friedel“ heißt der DDR-Campingwohnwagen, der seit den 60er Jahren bis einschließlich 1990 von der PGH Fahrzeugbau Großfahner, dem späteren VEB Campinganhänger Großfahner, gebaut wurde und den Campingurlaub für die Bürger der DDR erschwinglich und populär machte.


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Doch um die ganze Geschichte vom „Friedel“ aus Großfahner zu erzählen, müssen wir zunächst ein wenig in der Zeit zurück gehen, lange vor seine Geburt. Wir erinnern uns, dass in Großfahner zwei Schmieden, nämlich die von Hermann Schulz an der Hauptstraße und die von Bernhard Büchner auf der Dachwiger Chaussee existierten. Weiterhin gab es zwei Stellmacherwerkstätten, die mit den Schmieden Hand in Hand arbeiteten und so alle anfallenden Arbeiten vor Ort ausführen konnten.

Einer der Karosserie- und Stellmachermeister war Walter Paetow, der 1930 in der Werkstatt des verstorbenen Stellmachermeisters Robert Degenhardt (1866-1928) seine Arbeit in Großfahner begann. Walter Paetow wurde am 15. Mai 1905 in Garding in der Nähe von St. Peter-Ording geboren und war seit dem 21. Juni 1930 mit Ilse Degen­hardt, der Tochter des Stellmachermeisters Robert Degenhardt und Emma, geb. Götze (1868-1947), aus Großfahner verheiratet. Zusammen hatten sie drei Söhne: Donald (* 1933), Friedrich (*1938) und Heinrich (*1939), die alle in Großfahner geboren wurden.

Walter Paetow (1905-1943)Walter Paetow (1905-1943)

Walter Paetow war ein tüchtiger und sehr begabter Handwerker, der unter anderem aus­ge­feilte Aufbauten für die verschiedensten Auto­mo­bil­­typen herstellte und in seiner Gesellenzeit viel um­her­gereist war. Einige seiner Etappen waren zum Beispiel Goslar, Leipzig und Hamburg. Sein hand­werkliches Geschick zeigen unter anderem viele Fotos von fertigen Fahrzeugaufbauten, die heute gefragte Oldtimer sind. Da er sich nicht mit seiner Schwiegermutter verstand, wechselte er seinen Arbeitsort und fer­tig­te in der Zimmerer­werk­statt Synold in der Sundhaustraße gummibereifte Wagen für Pferde und Trak­to­ren sowie Aufbauten für Automobile an, vis á vis der Schmiede von Bernhard Büch­ner. In der Zeit von 1933 bis 1938 bauten er und seine Frau Ilse schließlich eine neue Werkstatt mit Wohntrakt und Holzschuppen in der Dachwiger Straße auf und ver­lagerten die Fertigung dorthin. Es wurden Maschinen, Anlagen und ein aus­reichender Vorrat an Schnittholz geschaffen, um Herstellung und Re­para­turen rei­bungslos zu ermöglichen.

Firmenstempel Paetow vorm. DegenhardtDer erste Firmenstempel von „Paetow – Karosserie und Wagenbau, Fahrzeug­re­para­tur Groß­fah­ner“. Der Zusatz „vorm. Degen­hardt“ wurde später entfernt.

Walter Paetow sollte jedoch nicht das Glück eines langen, erfüllten Lebens be­schieden sein. Durch einen Unfall brach er sich ein Bein, der offene Bruch ent­zündete sich und wenig später stellte sich Knochentuberkulose ein. Diese Er­krankung machte ihn wehrdienst­un­taug­lich und aus diesem Grund wurde er 1941 aus der Wehrmacht ausgemustert. Die Knochentuberkulose war damals nicht heilbar, sodass Walter Paetow am 26. Juli 1943 in Erfurt verstarb. Er hinterließ seine Frau und die drei Söhne. Nach dem Tod Walter Paetows und bedingt durch den 2. Weltkrieg ruhte die Produktion gummi­bereifter Wagen in der Werkstatt Paetow bis auf kleinere Reparaturen an land­wirt­schaftlichen Fahrzeugen und Ge­rä­ten, die der zum Arbeitseinsatz in Deutschland zwangsverpflichtete Franzose ‚Josef’ in der Kriegszeit bis 1945 erledigte.

Anfang 1946 pachtete die Firma Gahr und Schmidt durch Vermittlung des damaligen Bür­ger­meisters Robert Heß das Be­triebs­ge­lände und führte die Fertigung im Fahr­zeug­bau weiter. Da für den Handwerks­betrieb ein Meister notwendig war, kam Huldreich Moths, der nach dem Krieg auf der Suche nach Arbeit nach Großfahner kam, genau richtig. Eigentlich sollte er, wie viele andere auch, in der SAG Wismut im Uran­bergbau arbeiten, doch das missfiel ihm.

Huldreich Moths (1906-1979)Huldreich Moths (1906-1979)

Huldreich Moths wurde am 3. September 1906 in Altengottern geboren. Seine Eltern wa­ren Alwin Moths und Emma, geb. Schmidt. In Großfahner arbeitete er jedoch nur kurz­zei­tig für die Firma Gahr & Schmidt, da er sehr schnell die Unfähigkeit der Fir­men­inhaber erkannte, sein Arbeits­ver­hält­nis kün­digte und nach Altengottern zurück­kehrte. Die Firma Gahr & Schmidt hatte bald wirtschaftliche Schwierigkeiten, ging 1948 Pleite und hinterließ in der Werkstatt von Ilse Paetow ein ziemliches Chaos. Sie holte Huld­reich Moths, der sich durch sein handwerkliches Können und seine reiche Erfahrung im Flugzeugbau in der Waggonfabrik Gotha auszeichnete, später zurück nach Großfahner, um die Werkstatt ihres verstorbenen Mannes weiter zu betreiben. Sein Arbeitsbeginn bei „Paetow – Karosserie und Wagenbau, Fahr­zeug­re­pa­ratur Großfahner“ ist mit dem 15. Dezember 1948 vermerkt. Huldreich Moths hei­ratete Ilse Paetow am 3. September 1949 und am selben Tag wurde der Karosserie und Wagenbau Paetow in „H. Moths – Stellmachermeister Großfahner“ umbenannt. Der Betrieb wurde saniert und es ging recht schnell aufwärts. Anfangs wurden land­wirtschaftliche Fahrzeuge und Geräte gefertigt und repariert und auch kleinere Sonder­fahrzeuge wie Schäferwagen, PKW-Aufbauten (DKW-F7) und ähnliche Fahr­zeuge repariert und neu gebaut. Da aber im Ort zwei Stellmacher­werkstätten waren, reichte besonders im Winterhalbjahr der Auftragsbestand nicht immer für die Be­schäftigung der Gesellen und des Lehrlings aus. Deshalb wurde im Herbst 1949 auch eine Serie an Rodelschlitten gefertigt, die sich gut verkauften, aber aufgrund der in der DDR geltenden Preisbindung wenig Ertrag brachten. Im Herbst 1950 gastierte der Zirkus ‚Sarani’ in Großfahner und während des Auf­ent­haltes brach die Maul- und Klauenseuche aus. Der Ort wurde unter Quarantäne ge­stellt und aus diesem Grund musste der Zirkus sein Winterquartier hier aufschlagen. In dieser Zeit erhielt die Firma H. Moths den Auftrag, einen Zirkus­wohnwagen einer Ge­ne­ral­re­pa­ra­tur zu unterziehen. Dieser in guter Qualität ausgeführten Reparatur folgten weitere Auf­­träge für den Bau von Zirkuswohnwagen der verschiedensten Zirkusse wie Sa­ra­ni, Hein, Probst, Zentralzirkus und andere. Des Weiteren wurden auch Bau­stellen­wa­gen für verschiedene Abnehmer gefertigt. Im Jahre 1955 wurde ein Werk­statt­an­bau speziell für die Wohnwagenfertigung errichtet, der es er­möglichte, die Wagen kom­plett in der Werkstatt fertigzustellen.

Firmenschild H. MothsFirmenschild von „H. Moths – Wagenbau – Großfahner“

Bereits im Jahr 1953 begann eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Schmied Eber­hard Büchner und der Stellmacherei Huldreich Moths. Er führte dort viele der an­fallen­den Schmiedearbeiten aus. Im Zuge der zwangsweise erfolgenden Ein­glie­de­rung der Landwirte in die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), gab es auch einen erheblichen Druck auf die Handwerker, sich zu Produktions­ge­nossen­schaften des Handwerks (PGH) zusammenzuschließen. Deshalb grün­de­ten Huldreich und Ilse Moths, der Tischler Wilhelm Beck, der Schmied Eberhard Büch­ner und die Stellmacher Walter Kosch, Rolf Schwanengel und Kurt Horn am 1. Juni 1960 die PGH Fahrzeugbau Großfahner. Mit der Spezialisierung auf Bau­stellen- und Zirkuswohnwagen flaute jedoch, trotz des Großkunden VEB Zentral­zirkus Berlin, aufgrund einer gewissen Marktsättigung das Geschäft immer mehr ab. Des Weiteren waren die Wohnwagen sehr materialintensiv, wegen der langen Bauzeit auch sehr kostenbindend und bei den für die Meli­ora­tion in Kleinserie ge­fer­tig­ten Fahr­zeugen mit viel Bürokratie bei der Fahr­zeug­abnahme verbunden. Das notwendige Material fehlte häufig an allen Ecken und En­den, vor allem, weil ja trockenes Schnittholz in großen Mengen benötigt wurde. Huld­reich Moths musste sich etwas einfallen lassen.

Ilse und Huldreich MothsIlse und Huldreich Moths im Betrieb.

Beim Besuch einer Camping- und Freizeitmesse in Düsseldorf im Jahre 1960 war ihm bei der Besichtigung der neuesten Entwicklungen auf dem Sektor der Camping­wagen und dem eigenen Bezug zum Camping – seine Frau und er fuhren seit eini­gen Jahren mit einem Klappfix regelmäßig zum Camping an die Ostsee – der Ge­dan­ke gekommen, dass hier ein künftiges Produktionsfeld des Betriebes liegen könnte. An­hand mitgebrachter Prospekte und Fotos wurde durch Huldreich Moths und seine Mit­arbeiter der Prototyp eines Campingwohnwagens gebaut, der den Material­be­schaffungs­möglichkeiten und den technischen Gegebenheiten des Betriebes nahe kam. Sein Stiefsohn Heinrich Paetow erstellte 1963 den Zeichnungs­satz und die Doku­mentation für den Campingwagen zur Vorlage bei der KTA (Kraft­fahrzeug­technische Anstalt der DDR) zur technischen Zulassung des Straßen­fahrzeuges. Der „Friedel“ war geboren!

Erste Kleinserien des Wohnwagens wurden ab 1965 gefertigt und dabei auch an­fäng­liche Schwierigkeiten in der Produktion durch systematische Materialer­pro­bun­gen und die Erarbeitung von Fertigungsstandards behoben. Diese Erprobungs- und Anlaufphase dauerte bis etwa 1967. Bedingt durch die große Nachfrage aus der Be­völkerung und das Interesse der DDR-Führung an dem Wohnwagen, konnte dieser ab 1967 in größerer Serie produziert werden. Aus diesem Grund wurde bereits ab 1965 linksseitig der Dachwiger Straße neben der neuen Schmiede ein weiterer Hallen­bau mit einer Grundfläche von 50 x 20 m für die Fertigung sowie eine Trafo­station errichtet, die über ein Erdkabel mit der Station hinter der Schule verbunden wurde. Alles in mühevoller Eigenleistung, versteht sich.

Durch die fortschreitende Herzerkrankung von Huldreich Moths übernahm ab 1965 Eber­hard Büchner den PGH-Vorsitz. Die Herzerkrankung war wohl unter anderem eine Folge der Repressalien, die Huldreich Moths, Eberhard Büchner und Wilhelm Beck ab 1963 durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) erfuhren, wegen, so hieß es damals, fortgesetzter Staatsverleumdung. In der Folge leitete das MfS ein Verfahren ein, welches im Gast- und Logierhaus „Zum Hamster“ in einer Gerichts­verhandlung gipfelte, in der Huldreich Moths zu einer Gefängnisstrafe von anderthalb Jahren auf Bewährung verurteilt wurde. Der mit dem gesamten Verfahren ver­bun­dene Ärger und Stress brachten Huldreich Moths und seine engsten Mitarbeiter an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Huldreich Moths büßte dadurch viel seines Froh­sinns ein und war seitdem ein anderer Mensch.

Werbefoto_FriedelDer Wohnwagen „Friedel“ aus der PGH Fahrzeugbau Großfahner.

Ab 1970 nahm die PGH mit dem „Friedel“ auch an Messebesuchen in Leipzig teil. Die Nachfrage nahm weiter Fahrt auf und viele Wohnwagen, wer kennt das nicht aus der Vergangenheit, waren schon über Jahre hinaus reserviert. „Nachfragen zwecklos!“, lässt ein kleiner Zeitungsbericht über den „Friedel“ aus Großfahner verlauten. Der Name „Friedel“ leitet sich im Übrigen aus dem Vor- und Zunamen der neben Ilse Moths, verw. Paetow, zweiten Frau im Betrieb ab, Frieda Rommel. Der Name entstand aus einer „Schnapslaune“ heraus, alle fanden ihn gut und so blieb es dabei. Die Produktion des neuen Wohnwagens kam aufgrund der starken Nachfrage bald nicht mehr hinterher und so wurden nach und nach mehr Mitarbeiter eingestellt bis ihre Gesamtzahl auf 33 in der Zeit vor der Wende anwuchs. Pro Jahr war so in Spitzenzeiten eine Produktion von 150 Wohnwagen möglich, die jedoch selten erreicht wurde. Engpässe bei den Zulieferern erschwerten oft die Herstellung, sodass die Beschaffung der Einzelteile manches Mal abenteuerlich anmutete. Vor allem das Plexiglas für die Fenster war ein Schwachpunkt. War keines da, ruhte die Produktion zwangsweise. Dann wurde ein Transport losgeschickt, der die 2,50 x 1,50 Meter großen Platten aus dem Stickstoffwerk Piesteritz holen musste, bis zu viermal im Jahr. Eigentlich wurden nahezu alle Teile für den „Friedel“ in aufwändiger Handarbeit und auf eigenen Maschinen in Großfahner hergestellt. Das Rohmaterial für das Fahrgestell kam meist verrostet an und musste erst einmal entrostet werden. Dazu bauten die findigen Mitarbeiter eine Schleiftrommel, in der das Material in Rotation gebracht wurde und die Teile sich gegenseitig entrosteten. Man kann sich in etwa vorstellen, welch einen Lärm die Schleiftrommel machte. Versuche mit Kies als Schleifmittel wurden auch gemacht, doch der wurde zu schnell zu Staub zermahlen, sodass beim Öffnen der Trommel jedes Mal eine große Staubwolke entwich. Diese Versuche wurden wieder aufgegeben und man beließ es bei den Stahlteilen, was eigentlich auch ganz gut funktionierte. Die Einzelteile für die Fahrgestelle wurden vor Ort abgekantet, zugeschnitten und verschweißt. Als Korrosionsschutz diente eine Lage Rostschutzfarbe und der graue bzw. silbergraue Lackanstrich. So war der Bau von bis zu vier Fahrgestellen pro Tag möglich. Die Arbeitsschutz­maßnahmen waren zu dieser Zeit jedoch noch nicht ausgereift und so manche Arbeit eine reine Schin­derei mit viel Schmutz und gesundheits­schädlichen Abgasen. Besonders Polierer und Lackierer hatten unter der Staub- und Dämpfebelastung zu leiden, sodass sie gesundheitliche Schäden davon trugen. Besser hatten es da die Polsterer und Tischler, die in ihren Werkstätten arbeiteten und die jeweiligen Komponenten fertigten, die dann in der Montagehalle verbaut wurden. Der alte „Friedel“ kostete ab Werk inklusive Akzise von 1000 MDN insgesamt 10.500 MDN. Der Preis änderte sich jedoch mehrfach und lag zuletzt für die neue Ausführung aus Sandwichplatten mit PU-Schaumfüllung bei 23.000 Mark. Die alte „Nur-Blech-Version“ war aber besser, da diese nach einen Unfall einfach mit dem Hammer ausgebeult und neu lackiert werden konnte. Mit den Sandwich-Platten ging das nicht mehr. Diese konnten auch oft nicht hinreichend gut verbunden werden und so gab es immer wieder Probleme mit Undichtigkeiten wegen Wasser. Jedes Material hatte so seine Vor- und Nachteile. Der Wohnwagen selbst war sehr einfach gebaut und besaß keine Sonder­aus­stattun­gen – ein Kleiderschrank, Spüle, Gaskocher mit außenliegender Gasflasche über der Deich­sel, zwei Sitzbänke, die bei Bedarf in die Schlafmöglichkeit ungewandelt wer­den konnten und ein Klapptisch waren der ganze „Komfort“. Doch was brauchte der Campingurlauber mehr? Ein Vorzelt gab es auch, welches von einer Zulieferfirma in Olbernhau im Erzgebirge und später in Arnstadt hergestellt wurde und damals 1000 Mark kostete. Der Urlaub mit dem „Friedel“ war fernab von heutigem Luxus, bedeutete aber für die damalige Zeit einen großen Fortschritt.

Am 1. April 1972 kam es schließlich zur Umwandlung der PGH in den VEB (Volkseigener Betrieb) Cam­ping­­anhänger Großfahner. Hans Zenkner, der ab 1967 von Eberhard Büchner den PGH-Vorsitz übernommen hatte, verließ das Unternehmen 1978 und als sein Nachfolger übernahm Anatol Lütz aus der LPG-Landtechnik die Leitung des Be­triebes. Der gehörte dann von 1985 bis 1986 dem Betrieb Autozubehör Erfurt-Mar­bach und später dem Kombinat Stapler-Instandsetzung Döllstädt im Maschinen­bau­kombinat Friemar an, welches von Roland Sauerbier, dem späteren Firmengründer von FABE, geleitet wurde. Huldreich Moths, der die PGH Fahrzeugbau mit seinen Mitarbeitern und viel Herzblut aufgebaut hat, verstarb am 14. Februar 1979 im Altenheim in Döllstädt, wenige Monate nachdem seine Frau Ilse am 15. November 1978 in Erfurt durch Komplikationen nach einer Operation gestorben war. Wer die beiden kannte weiß zu berichten, dass sie Leistung forderten aber auch für das Wohl der Angestellten sorgten und in Großfahner bekannt und beliebt waren. So kommt es, dass der Name Moths auch heute noch vielen älteren Großfahnerschen ein wohl­klingender Begriff ist. Da das Grundstück der PGH nach dem Tod von Huldreich Moths an die Söhne vererbt wurde, entschlossen sich die Gebrüder Paetow im Jahr 1980 zum Verkauf desselben an den VEB Camping­anhänger Großfahner, weil Instandhaltungskosten und Mieteinnahmen nicht im wirtschaftlichen Verhältnis zu­einander gestanden hätten.

Im Jahr 1990 wurde die Produktion von Campingwohnwagen aufgrund des rapiden Zusammenbruchs der Nachfrage schrittweise eingestellt, sodass in diesem Jahr der letzte „Friedel“ aus Großfahner das Werk verließ. Die letzten Exemplare wurden für 7000 Mark Ost verkauft und einige Mitarbeiter leisteten sich so einen eigenhändig gebauten Wohnwagen. Insgesamt beläuft sich seine Produktionszahl auf um die 1000 Stück und manch einer schlummert noch heute in einer Garage oder Scheune vor sich hin. Um die Beschäftigung der Mitarbeiter in der turbulenten Wendezeit zu gewährleisten, fertigte der VEB zwischenzeitlich Brennholzkreissägen, Hobel­ma­schi­nen und Abrichten für den VEB Aufzugsbau Nordhausen. Die Produktion wurde schließ­lich mit dem 14. September 1990 auf Metallbearbeitung und Pulver­farb­be­schichtung umgestellt und so ging der VEB Campinganhänger Großfahner in die Firma FABE über, die von Roland Sauerbier aufgebaut wurde. Die Firma „Fabé – Best for Metal“ ist heute einer der größten Arbeitgeber im Ort, der Bau von Wohnwagen aber für immer Geschichte.

Der „Friedel“ aus Großfahner erfreut sich aufgrund seiner soliden und geradlinigen Bauweise auch heute noch sehr großer Beliebtheit unter den Camping-Enthusiasten und ist inzwischen zur Legende geworden. Einer ist sogar im Erwin-Hymer-Museum in Bad Waldsee in Baden-Württemberg zu sehen.

Abkürzungen und Worterklärungen:

Akzise – indirekte Steuer, Binnenzoll, im Kaufpreis enthalten.

MDN – Mark der Deutschen Notenbank

Weitere Fotos, Werbeprospekte und die Bedienungsanleitung zum „Friedel“, sämtlich zur Verfügung gestellt von Herrn Heinrich Paetow, Eisenach.

Werbeprospekt Friedel rot

Werbeprospekt Friedel blau

Bedienungsanleitung Friedel EW 500-3

Zeitungsartikel_Das_Volk_1974_1100_Jahre_Fahner-Dörfer