Schaut man sich diese alte Luftaufnahme der fahnerschen Flur aus den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts einmal genauer an, so stellt man fest, dass die Felder und Wiesen wie ein bunter Flickenteppich um das Dorf „gewebt“ sind. Streifen um Streifen, meist in privater Bewirtschaftung, eine andere Kultur oder Frucht. Diese Diversität ist bemerkenswert und zählte doch früher zum Alltäglichen. Sie ermöglichte eine abwechslungsreiche Fruchtfolge und bot auch der wilden Flora und Fauna zahlreiche Nischen, sodass sich viele Arten erfolgreich halten konnten.
Dieses Bild sieht heute anders aus. Die kleinen „Hemdsärmel“, wie man die zum Teil winzigen Anbauflächen hier salopp bezeichnet(e), wichen, bedingt durch den agrarischen Strukturwandel in der DDR, großen Monokulturen, die effizienter und schneller bewirtschaftet werden konnten und können. Die Folgen sind eine massive Ertragssteigerung und sinkende Preise für den Endverbraucher. Nachteilig wirkte sich die Zusammenlegung der Flächen jedoch vor allem für die heimische Tier- und Pflanzenwelt aus, denn mit dem Wegfall der abwechslungsreichen Felderwirtschaft gingen auch deren Rückzugsräume immer weiter verloren.
Doch zurück zu unserem Foto. Es zeigt für Ortskundige auch, dass Großfahner vor nicht ganz 100 Jahren nur etwa halb so groß war wie heute. Die Sundhausstraße gab es zwar schon, doch sie war noch nicht bebaut. Auch die Dachwiger Chaussee ist nur zur Hälfte mit Häusern bestanden. Genausowenig gibt es die Gartenstraße, denn dort erstreckte sich früher der Schlossgarten, weshalb sie auch so heißt wie sie heißt. Noch nicht einmal der große Schenksaal am Schlossgasthof war gebaut, denn der wurde erst in den 30er Jahren errichtet. Wendet man den Blick nach Süden, so erkennt man am „Hasenacker“ auch noch die Wohnhäuser bei der alten Windmühle und den Windmühlenhügel. Die fahnersche Bockwindmühle stand bis 1913 mit ungefähr 50 Metern Abstand in Rufweite von der Gierstädter Mühle entfernt an der Gemarkungsgrenze. Was neben der Mühle und vielen alten Scheunen heute ebenfalls nicht mehr existiert, sind die weitläufige Gutsanlage und die beiden Schlösser der Familie von Seebach, die in der Mitte des Ortes die Ansicht Großfahners prägten. Dem Betrachter bot sich also früher ein völlig anderes Bild des Dorfes als heute. Hätten Sie’s erkannt?
Übrigens: Das Foto entstand mit hoher Wahrscheinlichkeit im Jahr 1927, als im Sundhausgarten ca. 300 m nordöstlich der Kirche bedeutende Ausgrabungen aus der Zeit der Völkerwanderung gemacht wurden. Leider konnten die Bestattungen (13 Körper- und ein Pferdegrab) nach HUCK (1999) nicht sachgerecht ausgegraben werden, so daß nicht alle Fundstücke und nur sehr geringe Informationen über die Befunde erhalten sind.
Foto: TLD Thüringen. Copyright und zur Verfügung gestellt vom Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie. TI638B10.
Literatur:
HUCK, T. (1999): Die Besiedelung des Gebietes um die Fahnersche Höhe in ur- und frühgeschichtlicher Zeit. In: Zur Natur und Geschichte der Fahner Höhe, Naturschutzbund Deutschland, Kreisverband Gotha e.V. (Hrsg. ), Armstroff design, Gotha.