Geologie am Wegesrand – Die Feuerstein-Linie

Es ist kaum bekannt, dass die Kirschendörfer am Nordrand der Fahnerschen Höhen eine geologische Besonderheit zu bieten haben, die einen regelrechten „Strich in der Landschaft“ darstellt – die sogenannte Feuerstein-Linie.

Maximale Ausdehnung des pleistozänen, fennoskandischen Inlandeises. Blau: Elster-Eiszeit, Gelb: Saale-Eiszeit, Rot: Wecihsel-Eiszeit. Abbildungsquelle: wikipedia. Erstellt von Botaurus stellaris.

Maximale Ausdehnung des pleistozänen, fennoskandischen Inlandeises. Blau: Elster-Eiszeit, Gelb: Saale-Eiszeit, Rot: Weichsel-Eiszeit. Abbildungsquelle: wikipedia. Erstellt von Botaurus stellaris.

Doch was ist das überhaupt, die Feuerstein-Linie? Im Urlaub an der Ostsee sind die schwarz-weißen, harten Feuersteine, eigentlich Flintsteine, allgegenwärtig und stellen ein beliebtes Urlaubsmitbringsel dar, besonders, wenn es sich um einen Hühnergott, einen Feuerstein mit Loch handelt. Noch sehr viel markanter sind indes die großen Findlinge, die am Strand oder auf den Feldern liegen, so tun, als ob sie schon immer dort lägen und Landwirte manchmal zum Verzweifeln bringen, wenn sie die schweren Maschinen beschädigen. Feuersteine und Findlinge gibt es aber auch bei uns in Thüringen, nur sind sie hier nicht so zahlreich und auffällig wie im Norden Deutschlands und sehr viel kleiner. Unser Bundesland ist quasi zweigeteilt: Im nördlichen Teil gibt es sie, im südlichen nicht.

Wie kommt das?

Des Rätsels Lösung liegt in der ältesten, der sogenannten Elster-Eiszeit verborgen, deren Eismassen den Vorstoß bis an den Nordrand der Fahnerschen Höhen schafften und große Mengen Gesteinsmaterial aus dem Norden mit sich führten. Als das Elster-Eis schmolz, blieben die Findlinge und Feuersteine im Geschiebemergel zurück und markieren seither den südlichsten Eisvorstoß des skandinavischen Inlandeises, dem zu DDR-Zeiten sogar Denksteine an verschiedenen Orten in Sachsen und Thüringen gewidmet wurden. Nun kann der Leser fragen: Ja wo sind dann Grund- und Endmoräne, die Sander und Urstromtäler, die Glaziale Serie, über die wir im Erdkundeunterricht gehört haben und die wir auswendig lernen mussten? Weg sind sie! Oder zumindest nicht mehr so deutlich zu erkennen, wie das bei den Eisgrenzen der Saale- und Weichsel-Eiszeit der Fall ist, die sehr viel weiter nördlich liegen. Die Erosion sowie nachfolgende Eiszeiten leisteten in den vergangenen hunderttausenden von Jahren ganze Arbeit und verwischten die einst so markante Feuersteinlinie. Der aufmerksame Betrachter kann sie eigentlich nur finden, wenn er an einem der Denksteine steht oder das Gelände, die Äcker, Wiesen und Felder am besten nach einem Starkregen nach kleinen und kleinsten Feuersteinen absucht, die durchaus zahlreich zu finden sind. Wohlgemerkt nur nördlich der Linie, denn südlich davon finden sich nur Gesteine, die ursprünglich hier vorkommen: Muschelkalk und Keuper-Gesteine. Oder aber man hat das Glück, auf einen der größeren Findlinge zu stoßen, wie vor dem Wohnhaus Lange Gasse Nr. 89, oder auf zusammengetragene Exemplare im Hof der Pension „Zum alten Hauptmann“. Hier liegen Gneis, Granit und andere Geschiebe, die der Besitzer aus der Dachwiger Flur hierher brachte. Einer davon, der rechte Stein, wurde früher als Prellstein an einer Hofeinfahrt verwendet.

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Aus der Dachwiger Flur zusammengetragene Findlinge im Hof der Pension „Zum alten Hauptmann“ in Großfahner, Gartenstraße 9.

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Findling vor dem Wohnhaus Lange Gasse Nr. 89. Maßstab 10 cm.

In der Nachbargemeinde Döllstädt errichtete man sogar das Denkmal für die Gefallenen der Weltkriege teilweise aus Findlingen. Als Baumaterial dienten sie bei uns aber nur selten, da größere Kaliber nicht so häufig waren und sie sich wegen ihrer glatten, abgerundeten Oberfläche nicht so gut zum Bauen eigneten wie der heimische Muschkalk, Travertin oder Sandstein.

Denkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges in der Nachbargemeinde Döllstädt.

Denkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges in der Nachbargemeinde Döllstädt, teilweise aus Findlingen erbaut.

Wenn Sie also das nächste Mal in Feld und Flur unterwegs sind, achten Sie mal auf die kleinen schwarzen Feuersteine mit teilweise erhaltener weißer „Rinde“, die unsere Vorfahren in der Steinzeit so gern zur Herstellung allerlei nützlichen Werkzeugs zum Schneiden, Schaben, Bohren und Jagen verwendeten. Vielleicht entdecken sie ja sogar einen kleinen Findling.

Ihr Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V.