Vogelkundliche Exkursion zum Speicher Dachwig

Am Samstag, den 9. Mai 2015 war Internationaler Tag des Zugvogels. 16 Vogelkundler und Naturbegeisterte aus Großfahner, Gierstädt, Dachwig, Bienstädt, Ringleben, Töttleben, Riethnordhausen, Erfurt, Berlin und dem Vogelsbergkreis versammelten sich an diesem Tag um 6 Uhr morgens vor der Pension „Zum alten Hauptmann“, um an einer von Andreas Fleischmann geführten Exkursion um den Speicher Dachwig teilzunehmen und mehr über die heimische Vogelwelt zu erfahren. Nach einer kurzen Begrüßung durch den Exkursionsleiter wurden die Teilnehmer schon auf die Stammgäste in der Pension aufmerksam gemacht: ein Schleiereulen-Brutpaar im Dachgeschoss. Der Turm der Kirche Sankt Peter und Paul bot nun auch gleich die nächste Gelegenheit, Turmfalken auf dem Gesims zu beobachten. Ein guter Auftakt also, der sogleich Lust auf mehr machte. Beim Weg durch das Dorf erläuterte Andreas Fleischmann die ortstypische Lehmbauweise und welche Vorteile diese unter anderem für den Haussperling als Brutplatz habe. Dieser, so Fleischmann, sei zwar in unserer Flur ein noch sehr häufiger Vogel, finde aber immer weniger Lebensraum durch verschlossene Scheunen und Häuser und auch das Futterangebot für den Körnerfresser ließe mehr und mehr zu wünschen übrig. In einigen Gegenden Deutschlands sei dieser sonst so verbreitete Vogel bereits nicht mehr anzutreffen. Richtung Osten führte der Weg anschließend über die Sundhausstraße zum Speicher und bot einige Beobachtungsmöglichkeiten der für die Orstlage typischen Arten: Türkentaube, Amsel (m), Mauersegler und Hausrotschwanz. Wer den Blick nicht nur zum Himmel richtete, wurde auf eine weitere Besonderheit der Gegend aufmerksam gemacht: den Hamster, eine Rote-Liste-Art. Ein leider totes Exemplar gab Anlass, den Rückgang der Hamsterpopulation im thüringer Raum kurz zu erläutern und man erfuhr, dass das Ackerland am Nordrand der Fahnerschen Höhen ein isoliertes Vorkommen und wichtiges Rückzugsgebiet dieser Tiere darstelle. Am Quellborn unterhalb des Ortes wurden alsbald die typischen Vogelvertreter der Busch- und Strauchlandschaft angetroffen: Gartengrasmücke,  Mönchsgrasmücke, Klappergrasmücke und auch ein Zaunkönig gab sein Stelldichein mit seinem typischen Gesang. Die Rohrweihe suchte indes über den ausgedehnten Feldern nach Nahrung und spähte den Boden nach Mäusen und anderen Kleintieren ab. Die Fahrspuren der Landmaschinen, so erläuerte Andreas Fleischmann, bieten vor allem Feldlerchen Rückzugsraum und würden von diesem zum Sonnenbaden am Morgen und als Ruhezone besucht. Leider nutze auch der Fuchs diese Wegbarkeiten allzu gern und so käme es öfter zu unliebsamen Begegnungen. Wer weiter lauschte, vernahm auch bald Beethovens 5. Sinfonie, die von der Goldammer unverkennbar zum Besten gegeben wird. Oder war es Beethoven, der der Goldammer lauschte? Solch kleine „Eselsbrücken“ sind es, die dem Laien das Verständnis bringen und den Gesang der Vögel sich einprägen lassen. Von Ferne erklang außerdem der unverkennbare Ruf des Kuckucks, des einzigen Vogels, der seinen Namen ausruft. Unterwegs sorgten weitere kleine Anekdoten wie diese für einige Erheiterung: Wie kann man einen männlich Zilzalp von einem weiblichen Tier unterscheiden? Das Männchen ruft: zilp-zalp-zilp-zalp. Das Weibchen: zalp-zilp-zalp-zilp. Aber weiter. Auf dem Walschleber Weg angekommen, bot sich der Blick über die ausgedehnten Felder, über denen Rotmilan und Rohrweihe kreisten. Im Gehölz balzten zwei Nachtigallen und ihr unverkennbar schöner Gesang erfreute die Zuhörer. Am Nordostufer des Speichers waren schließlich Nilgänse mit Jungen und eine größere Gruppe Graugänse mit ihrem Nachwuchs zu beobachten. Hin und wieder gesellten sich auch Stockenten und Haubentaucher hinzu. Ein besonderer Höhepunkt der Exkursion war die von Tino Sauer mit einem PKW-Anhänger eingerichtete Beobachtungstation in der nur eingeschränkt zugänglichen Uferzohne des Sees auf der großfahnerschen Seite, die einen schönen Blick auf die Wasserfläche und die künstlich angelegte Vogelinsel freigab. Mit dem Spektiv konnten dort auch weiter entfernte Vögel gut beobachtet werden. Auf der Vogelinsel tummelten sich Nilgänse, ein Brutpaar der Silbermöwe und auf der Wasserfläche Tafelenten, Haubentaucher und Schwäne. Letztere bemerkten dann auch, dass sie beobachtet wurden und vollführten eindrucksvolle Flugmanöver auf dem Wasser – schöne Fotomotive, bei denen man jedoch schnell sein musste. Das Fotogeschäft Siegel aus Erfurt war unterdessen mit einem Informationsstand vertreten und hielt eine Auswahl guter Ferngläser und Spektive zum Ausprobieren und Vergleichen bereit. Manches wird wohl das Herz des Vogelkundlers höher schlagen lassen haben und die Expertise vor Ort war sehr beeindruckend. Wer eine kleine Stärkung benötigte, wurde von Tino Sauer auch zu einem original „Schwalben-Bier“ eingeladen. Auf nüchternen Magen vielleicht doch keine so gute Idee… Unterdessen ein Teilnehmer den stationären Beobachtungsturm erklomm und auch heil wieder herunter kam, neigte sich die Exkursion langsam ihrem Ende entgegen. Auf dem Weg zurück nach Großfahner konnte dann als kleiner Abschluss auch noch ein Neuntöter beobachtet werden, der zu den ausdruckstärksten aber leiseren Singvögeln gehört, wie der Spezialist für Vogelstimmen, Lutz Reiss aus Riethnordhausen, voller Zuneigung erläuterte. Mit müden Beinen und großem Hunger gelangten die Teilnehmer wieder zum Ausgangspunkt der Exkursion zurück. Sie klang schließlich mit einem deftigen Frühstück im Hof der Pension „Zum alten Hauptmann“ aus und von den Kennern wurde eine kleine Auswertung der Beobachtungen gegeben. Insgesamt wurden in 3,5 Stunden auf dem Weg um den Speicher 45 Vogelarten gehört, gesehen und gezählt. Dies stellte nochmals die Besonderheit dieses schönen Flächennaturdenkmales aus Menschenhand heraus und ruft auch zu dessen Schutz auf.

Dank geht an Andreas Fleischmann für seine sachkundige Führung, Herrn Tino Sauer von der NABU-Ortsgruppe Großfahner für die Bereitstellung der Beobachtungsmöglichkeit am Westufer des Speichers und Foto Siegel für die ausgestellte Optik, mit der die Vögel vor Ort beobachtet werden konnten. Alles in allem war es eine sehr gelungene und schöne Exkursion!

Die beobachteten Arten alphabetisch geordnet: Amsel, Blaumeise, Bleßhuhn, Buchfink, Dorngrasmücke, Drosselrohrsänger, Feldsperling, Fitis, Flußregenpfeifer, Gartengrasmücke, Girlitz, Goldammer, Graugans, Grünling, Haubentaucher, Hausrotschwanz, Haussperling, Klappergrasmücke, Kohlmeise, Kuckuck, Lachmöwe, Mauersegler, Mehlschwalbe, Mönchsgrasmücke, Nachtigall, Neuntöter, Pirol, Rabenkrähe, Rauchschwalbe, Reiherente, Ringeltaube, Rohrammer, Rohrschwirl, Rohrweihe, Rotmilan, Schnatterente, Stockente, Tafelente, Teichrohrsänger, Türkentaube, Turmfalke, Uferläufer, Wasserralle, Zaunkönig und Zilpzalp.

Fotos folgen.