„SCHATTEN & LICHT“ – Es war einmal…

Im Gedenken an Oswin Schuchardt (7. Januar 1896-22. Juni 1918) und die Gefallenen des 1. Weltkriegs aus Großfahner.

Im Gedenken an Oswin Schuchardt (7.1.1896-22.6.1918) und die Gefallenen des 1. Weltkriegs aus Großfahner.

Johannes fragt nach dem Besuch der Ausstellung „1914-2014 – 100 Jahre 1. Weltkrieg“ in Großfahner mit kindlicher Handschrift auf einem Zettel: Warum gibt es Krieg?

Auf diese Frage würde die Menschheit sehr facettenreiche Antworten geben, immer in Abhängigkeit von sozialem Status, Bildung, Religion und wirtschaftlichen Interessen – heute genauso wie vor 100 Jahren, als der 1. Weltkrieg als erster ‚Krieg der Moderne‘ millionenfachen Tod, die Verwüstung ganzer Landstriche, massenhaftes Elend und unfassbares Leid über die Völker der Welt brachte. Bis in die kleinste Zelle der Gesellschaft – die Familie – drang dieser Krieg.

Der Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V. brachte mit dem Theaterstück „SCHATTEN & LICHT – Die Geschichte von zwei jungen Soldaten aus Großfahner im 1. Weltkrieg“ diesen Teil der Weltgeschichte in Verbindung mit der kleinen Geschichte zweier Familien aus Großfahner auf die Bühne. Das Stück, am 20. September im „Schlossgasthof“ zu Großfahner vor ca. 85 Zuschauern uraufgeführt, zeigte die Jahre des Krieges 1914 bis 1918 aus mehreren Perspektiven – die soldatische von der Einberufung über die Geschehnisse an der Front bis zum Tod des Protagonisten Oswin Schuchardt und die bäuerlich-ländliche, die das immer schwieriger werdende Leben in der Heimat veranschaulichte.

Oswin Schuchardt und Willibald Fleischmann, zwei beste Freunde, zogen einst jung in den Krieg. Allein Willibald war es vergönnt, am Leib unversehrt doch seelisch verwundet in die Heimat zurückzukehren. Sein Freund Oswin starb im Juni 1918 in einem Lazarett in Olley bei Conflans in Frankreich. Sein Schicksal, den Kriegstod, teilten weitere 30 Männer aus Großfahner.

Die Familien erfuhren nicht viel von den schrecklichen Geschehnissen an der Front, dem Leben im Schützengraben, von anhaltendem Hunger, durchdringender Nässe und Kälte, dem ständigen Verwesungsgeruch der unbestattet gebliebenen Gefallenen im Niemandsland, den Gasangriffen und den Schreien der unzähligen Verwundeten. Die Menschen in der Heimat waren auf die spärlichen und oft zensierten Informationen aus Feldpostbriefen beschränkt, die täglich mit Hoffen und Bangen erwartet wurden. Andererseits kämpften die Familien um das eigene Überleben im zunehmenden Mangel: Pferde, Fahrräder, kurz alles was Räder hatte, wurde requiriert, später auch das Vieh. Nur das Notwendigste blieb. In ihrer großen Not kamen die Menschen aus der Stadt und zerrten die Feldfrüchte noch vor der Ernte aus der Erde um etwas zum Essen zu haben.

Während des Stücks wurden zwei Lieder vorgetragen. Beide handeln vom Sterben, vornehmlich das der Soldaten, doch auch das Sterben der Natur unter den Einwirkungen des Krieges und das Sterben der Liebe durch den Verlust eines geliebten Menschen waren bewegende Themen. Beide Gesangsstücke fassten in lyrischer Version die Geschehnisse hinter dem Vorhang zusammen.

Am Ende des Schattenspiels wurde das Lied „Sunday After The War“ von Daniel Kahn gespielt, dass nun endlich den Frieden versprach. Dass es nicht so war, ist leider nur zu gut bekannt, denn 20 Jahre nach dem 1. Weltkrieg brach ein noch verheerenderer und ideologisch geführter Krieg über Europa herein und stürzte die Welt erneut ins Chaos.

Im Jahr 1922 riefen die Eltern von Oswin Schuchardt im Gedenken an ihren Sohn und ihre bereits im Jahr 1899 verstorbene Tochter Hedwig eine Stiftung ins Leben, die Oswin Schuchardt angesichts der vielen Kriegswaisen als sinnvolle Einrichtung für kommende Generationen in Großfahner erdachte. Dieses Vermächtnis, das Licht, welches nach dem Schatten kommt, wirkt heute zum Wohl der Kinder in der „Oswin-Schuchardt-Kindertagesstätte“ in Großfahner.

Der Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V. gedachte mit diesem Schattenspiel den Gefallenen aus Großfahner, den Menschen aller Nationen, die durch Krieg und Gewalt ums Leben kamen und derer, die durch Verfolgung, Misshandlung und Folter litten und leiden. Angesichts der vielen besorgniserregenden Konflikte auf der Welt, sei es in der Ukraine, in Syrien oder anderswo, ist die Botschaft der Gefallenen heute so aktuell wie nie: Krieg ist keine Lösung!

Die Erinnerung an die Weltkriege wach und im Gedächtnis der Menschen zu halten, ist unser Anliegen. Wir wünschen uns Frieden unter den Menschen in unserer Heimat, in Europa und in der Welt!

Wir bedanken uns sehr herzlich bei unseren geschichtsinteressierten Zuschauern und allen, die zum Gelingen des Schauspiels und des sich anschließenden Ausklangs im Hof der Pension „Zum alten Hauptmann“ durch kleine und große Hilfe beigetragen haben!

Das Theaterensemble des Vereins für Heimatgeschichte Großfahner e.V.

Arndt Schmidt

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Fotogalerie:

Alle Fotos von Christine Winter.

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