Archiv der Kategorie: Trachten

Was die Tracht komplett macht?

Hat man sich dazu entschlossen, eine Tracht nach historischem Vorbild neu anzuschaffen, fällt eine Antwort auf diese Frage etwas umfangreicher aus. Denn meist fehlt noch allerlei kleines Zubehör, das von der Schneiderin zunächst nicht direkt angefertigt werden kann. So braucht es zum Beispiel auch Jacken, damit die Tracht auch dann stilecht getragen werden kann, wenn es draußen kalt ist. Auch farbenprächtige Tücher, für die noch kein Stoff angeschafft wurde, die allerdings die Trachten von Damen und Herren gleichsam abrunden, und natürlich das wichtigste Accessoire – die Kopfbedeckung, fehlten uns noch. Im Fall einer Thüringer Festtagstracht sind dies ein Dreispitz für den Herrn und eine ortsspezifische Weimarer Haube für die Dame.

Da wir uns als Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V. mit unseren neuen Trachten gerade in genau einer solchen „Kinderschuh-Phase“ befinden, in der zur bereits vorhandenen Grundausstattung noch einige Details ergänzt werden müssen, nutzten wir die Gelegenheit, am ersten Septemberwohnende diesen Jahres zum 24. Gredinger Trachtenmarkt zu reisen. Denn dort werden all diese Dinge in Hülle und Fülle angeboten. Traditionsgemäß machten wir uns natürlich in Tracht auf den Weg, damit sofort an den vielen Verkaufsständen probiert und passendes Zubehör erworben werden konnte. Zum Anderen bot sich uns als Thüringer Trachtenträger in diesem Jahr eine besondere Bühne für unsere neuen Roben, war doch das vielfältige und bunte Trachtenland Thüringen Thema des diesjährigen Marktes.

Da passte es sehr gut, dass wir an diesem Tag auch die wohl wertvollsten Stücke unserer Garderobe in Empfang nehmen konnten: die originalgetreue Nachbildung der ca. 200 Jahre alten Weimarer Trachtenhaube, die in dieser Form in Großfahner zur Festtagstracht getragen wurde und dem Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V. glücklicherweise als Leihgabe von Privat zur Verfügung steht. Angefertigt wurden diese aufwendigen Kunstwerke von Hutmacherin Karin Zeisberger aus Waldfenster, wobei eine einzige Haube etwa 30 Stunden reiner Handarbeit bedurfte. An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal herzlich bei Frau Zeisberger für die tolle und gelungene Arbeit bedanken!

Die beiden Haubenträgerinnen konnten nun kaum mehr fünf Meter zwischen den Ständen gehen, ohne auf ihre aufwendigen Kopfbedeckungen angesprochen zu werden, fielen sie doch mit den langen Bändern, die bis unter die Kniekehlen reichen, und dem mit Straußenfedern und kleinen Perlen bestückten Vorbindern auf wie die sprichwörtlichen „bunten Hunde“. Dabei bekamen wir auch immer wieder die Gelegenheit, über Thüringer Brauchtum und Geschichte zu berichten, z.B. dass in Thüringen vor 200 Jahren sehr wohl bereits Straußenfedern in Kolonialwarenhandlungen erworben werden konnten und dass das Tragen einer Tracht, anders als heute, fest im Alltag der Menschen integriert war – bis zu ihrem Verschwinden, bedingt durch die Industrialisierung.

Wir verstehen die Erforschung und Wiederbelebung der Trachten unserer Region als Schnittstelle zwischen regionaler Geschichte, landestypischer Kultur und örtlichem Handwerk. Seit dem vergangenen Jahr sind wir, mit großartiger Unterstützung aus der Nachbargemeinde Herbsleben und von Karin Zeisberger, einen sehr großen Schritt vorangekommen und nähern uns langsam dem Ziel, unserer Fahnerschen Tracht zu neuem Glanz und Leben zu verhelfen. Mit Fug und Recht können wir daher sagen, dass wir stolz auf das sind, was wir in so kurzer Zeit erreicht haben. Ob das Tragen einer Tracht in unserer Region irgendwann wieder zum Leben auf dem Land dazugehört, bleibt allerdings abzuwarten.

Jenny Schmidt für den Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V.

P.S.: Wer die neuen Trachten zum ersten Mal live erleben möchte, ist für den 2. Dezember 2017 sehr herzlich in den Schlossgasthof von Großfahner eingeladen. Dort werden wir im Rahmen der Senioren-Weihnachtsfeier zwischen 14:00 und 17:00 Uhr unsere Fortschritte in Sachen Tracht präsentieren. Aus diesem Grund verzichten wir für diesen Artikel auch auf Fotos.

Tervetuloa Suomeen – 54. EUROPEADE in Turku, Finnland

Am Morgen des 26. Juli 2017 machten wir uns auf den weiten Weg in die südfinnische Stadt Turku, um an der 54. EUROPEADE, dem größten und buntesten Folklore-Festival Europas, teilzunehmen. Jedes Jahr ist eine andere europäische Stadt Gastgeber; in diesem Jahr fand die EUROPEADE das erste Mal auf finnischem Boden statt und bereicherte die Feierlichkeiten rund um das 100. Jubiläumsjahr der Unabhängigkeit von Russland außerordentlich.

Die vom Reisebüro „Sonnenklar“ Gotha akribisch vorbereitete Bürgerfahrt führte uns am Mittwoch­morgen von Gotha nach Frankfurt am Main, von wo der Flug nach Helsinki startete. Die Weiterfahrt mit dem Bus nach Turku zeigte bereits, dass die Uhren in Finnland anders gehen und dort gerade erst der Frühsommer Einzug gehalten hatte. Der Raps, der bei uns schon erntereif war, stand in Finnland gerade in der Blüte und die Natur zeigte sich von ihrer schönsten Seite. Ein perfektes Willkommen!

Turku ist die ehemalige Hauptstadt Finnlands und demzufolge wirtschaftlich und kulturell sehr bunt. Drei Universitäten und mehrere Fachhochschulen sorgen für internationales Flair und viele junge Menschen aus der ganzen Welt wählen die Stadt als Studienziel.

Unsere Unterkunft lag mitten im Stadtzentrum, so dass wir nur kurze Wege zu den vielen Bühnen und Veranstaltungsorten der EUROPEADE hatten, aber auch zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt. Also – raus aus dem Hotel und hinein ins bunte Treiben!

Erstes Ziel war das Freilichtmuseum Luostarinmäki, das einzige einheitliche Holzhausviertel in Turku, welches den großen Stadtbrand von 1827 unbeschadet überstanden hat. Die über 200 Jahre alten Holzhäuser befinden sich im Originalzustand und beherbergen heute altes Handwerk, Schauräume über das Leben der früheren Bewohner und kleine Kunstgewerbeläden.

Im Hafen von Turku, der sich den Aura-Fluss hinauf zieht, bot sich die Möglichkeit, historische Schiffe zu besichtigen. So beispielsweise den Großsegler „Suomen Joutsen“, der für die große Hafenbühne die Hintergrundkulisse bildete. Ebenso sehenswert ist das Forum Marinum, das schönste Marinemuseum Finnlands, dessen Ausstellung erst im vergangenen Jahr neu eröffnet wurde und einen tiefen Einblick in die Seefahrtgeschichte des Ostseeanrainers Finnland durch persönliche Geschichten von Seefahrern und Fischern und tolle Exponate gibt.

Ein Glanzpunkt jeder EUROPEADE ist die Eröffnungsveranstaltung. Sie fand am Donnerstagabend im Gatorade-Center statt. Auftakt ist immer die feierliche Übergabe der EUROPEADE-Fahne. Namur, der Austragungsort 2016 in Belgien, übergab den diesjährigen Gastgebern in Turku das Symbol für Frieden, Freundschaft und Vielfalt in Europa. Anschließend boten zahlreiche Folklore-Gruppen aus ganz Europa Tanzdarbietungen aus ihren Heimatregionen in traditionellen Trachten und verzauberten die Zuschauer mit ihren bunten Beiträgen, begleitet von landestypischer Livemusik. Zwischen den Tänzen spielte das nunmehr schon zu einer festen Größe der EUROPEADE gewordene Fanfaren- und Showorchester aus unserer Kreisstadt Gotha auf. Tanz auf Stelzen, irische Stepptanz-Kunst, Hochradeinlagen und eine Polka mit mehr als 300 (!) Tänzerinnen und Tänzern waren genauso vertreten wie deutsche, portugiesische oder polnische Volkstänze. Die Finnen selbst und ihre Nachbarn aus Schweden und Estland haben wahre Wunder aufs Parkett gebracht und boten ein unvergessliches Tanz-Schauspiel. Man staunt wirklich nicht schlecht, wenn ein Tanz mit mehreren hundert Teilnehmern reibungslos funktioniert und man selbst mit den eigenen Füßen so seine Probleme hat…

Der Freitag stand zur freien Verfügung und wurde ausgiebig genutzt, die Stadt zu erkunden und den Tänzen auf den vielen Bühnen der Stadt zuzusehen. Fehlen durfte auch nicht der Besuch der Markthalle, finnisch “Kauppahalli“, wo wir finnische Spezialitäten wie Zimtschnecken mit Kardamom, Piroggen mit Rentierfleisch und natürlich Ostseefisch probierten. Gestärkt konnten wir danach das historische Schloss im Hafen, das Apothekermuseum und das historische Café „Qwensel“ besuchen. Wer wollte, konnte an diesem Tag auch einen Ausflug in die nahegelegene Stadt Naantali machen, der mit dem historischen Dampfschiff „Ukkopekka“ im Hafen von Turku startete und eine Fahrt durch das Schärenmeer mit seinen ungezählten Inseln bot.

Lange Fußmärsche machen durstig, so dass eine Strandbar am Aura-Fluss genau das richtige war, um zu entspannen und das Treiben ringsum auf sich wirken zu lassen. Jedoch ist der Konsum von Getränken, vor allem von Bier, sehr teuer, da in Skandinavien dafür hohe Steuern gezahlt werden müssen. Die einheimischen Sorten „Aura“ oder „Karjala“ zu probieren gehörte aber doch zu einem Muss, wenn man sagen wollte, man sei wirklich da gewesen. Geschmeckt hat´s jedenfalls!

Der EUROPEADE-Samstag ist traditionell der Tag mit den meisten Aktivitäten. Schon am frühen Nachmittag versammelten sich die rund 6.500 Teilnehmer am Dom, um dann in einem farbenprächtigen Umzug eine zwei Kilometer lange Parade entlang der Aura zu zeigen. Tanz und Musik, aufwändige Trachten aus aller Herren Länder und die Mitwirkenden aus ganz Europa haben bei schönstem Sommerwetter für einen unvergesslichen Eindruck bei den Einwohnern von Turku und den Gästen der Stadt gesorgt. Am Abend fand an der Hafenbühne der Weltrekord-Versuch im Humppa-Tanz statt, der mit 20.181 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein voller Erfolg wurde. Gekrönt wurde der Samstag mit dem EUROPEADE-Ball auf dem Varvintori-Platz, bei dem nicht nur die EUROPEADE-Teilnehmer tanzten, sondern auch die Gäste zum Mittanzen bewegt wurden (selbst die, die nicht tanzen konnten – hier blieb keiner „unbewegt“).

Leider ist auch die schönste EUROPEADE mal zu Ende. Der Sonntag war für die Heimreise reserviert. Bevor es wieder zurück nach Gotha ging, statteten wir der Hauptstadt Finnlands ein Kurzbesuch ab. Finnland selbst ist eine eigene Reise wert und Helsinki eine weitere ̶ wir hatten nur drei Stunden Zeit, uns während einer Stadtrundfahrt einen nachhaltigen Eindruck von dieser Stadt zu machen. Wir besuchten den Dom, den Westhafen und das Denkmal für Finnlands berühmten Komponisten Jean Sibelius.

Ein Sprichwort sagt: „Wer nach Finnland reist, braucht zwei Koffer. Einen voller Vokale (es gibt seeehr viele davon in finnischen Wörtern) und einen voller Taschentücher, wenn man wieder abreist.“ Es muss was dran sein.

Die Finnland-Fahrer des Vereins für Heimatgeschichte Großfahner e.V.

Bunte Farben und Klänge im Gothaer Kulturhaus

Eindrücke von der 1. Thüriade

Im Jahr 2017 begeht der Thüringer Landestrachtenverband sein 20-jähriges Bestehen. Das bietet Anlass zum Feiern, aber auch zum Rückbesinnen auf die Entwicklung der Trachtenlandschaft in Thüringen. Und wer könnte einen solchen Festakt besser gestalten als all diejenigen, die mit Tatkraft und Ideenreichtum in ihren Vereinen die Arbeit der Thüringer Brauchtumspflege vorangetrieben haben?

Inspiriert durch die Idee der Europeade, bei der Teilnehmer aus verschiedensten Orten in Europa ihre regionalen Trachten, Tänze und Musikstücke präsentieren, sollten nun auch Heimat- und Trachtenvereine aus ganz Thüringen ein buntes, bewegtes Festival auf die Bühne des Gothaer Kulturhauses bringen. Am 20. Mai 2017 füllte nun das farbenprächtige Treiben der unterschiedlichsten Trachten den Saal des Kulturhauses. Neben bekannten Tänzen wie dem „Tampet“, dem „Rheinländer“ oder dem „Rühler Springer“, wurden in Kooperation mehrerer Tanzgruppen auch weitere traditionelle Stücke vorgestellt, so etwa ein „Mädchenreigen“ und der eindrucksvolle „Schwerttanz“ der Trachtenmänner. Natürlich kam auch die Musik nicht zu kurz. So gaben verschiedene Chöre einen Eindruck des oft unbekannten Thüringer Liedguts. Die Wechmarer Mühlenpfeifer begeisterten mit Dudelsackklängen. Fehlen durfte natürlich auch nicht die Präsentation einer Choreografie im Fahnenschwingen und Peitschenknallen. Vervollständigt wurde die Vorstellung der Brauchtumspflege durch humoristische Vorträge in der Mundart mehrerer Orte, die so manchen Zuschauer zum Schmunzeln bringen konnte.

Für besonderes Staunen sorgten die Kinder der Thüringer Trachtenjugend, die durch ihre lebendigen Darbietungen in Tanz, Gesang und auch Mundart einen bemerkenswerten Beitrag zum Gelingen des Programms leisteten.

Einer der Höhepunkte war wohl die Vorstellung der Trachtenpaare, die mit ihren so unterschiedlichen Gewändern die kulturelle Vielfalt unserer Region bestens zum Ausdruck brachten. An dieser Stelle sei erwähnt, dass auch die nagelneue Fahnersche Tracht ihren allerersten Auftritt hatte.

Durch viel Vorbereitungsarbeit im Thüringer Landestrachtenverband sowie von Darbietenden und Trainern der jeweiligen Vereine war es möglich, ein gelungenes Programm auf die Beine zu stellen, das die Arbeit der Vereine, des Verbandes und der einzelnen Akteure gekonnt würdigte. So konnten 200 Trachtenträger in 200 Minuten den Besuchern der Thüriade ein Bild von 20 Jahren Brauchtumspflege vermitteln. Eine 2. Thüriade soll in fünf Jahren stattfinden, bei der dann ein Vierteljahrhundert gefeiert wird.

Jenny Schmidt für den Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V.

Foto von Jacob Schröter mit freundlicher Genehmigung des Thüringer Landestrachtenverbandes.

Auf die Tracht gekommen

Seit 23 Jahren findet im mittelfränkischen Greding jährlich einer der größten Trachtenmärkte Deutschlands statt. Von Stoffen und Borten über Hüte bis hin zu Schuhen und Strümpfen ist dort so gut wie alles zu finden, was das Trachtlerherz höher schlagen lässt. Da werden alte Stricktechniken gezeigt, Handgriffe der Trachtenerneuerung erklärt und fachkundig beraten.

Diese geballte Ansammlung an Wissen über Trachten und deren Herstellung machten sich in diesem Jahr einige Mitglieder des Vereins für Heimatgeschichte Großfahner e.V. zunutze, um mit dem Forschungsprojekt zur Fahnerschen Tracht Fortschritte zu machen. Und tatsächlich konnten uns die Fachkundigen viele Auskünfte und Anregungen geben. So erfuhren wir in Greding einiges über die kulturhistorische Bedeutung der Trachtenhaube, die dem Verein als Leihgabe von Privat zur Verfügung gestellt wurde, leider aber aufgrund ihres hohen Alters nicht mehr getragen werden kann. Ein Ziel der nächsten Zeit soll es sein, ebendiese Weimarische Haube, die hier in den fahnerschen Kirschendörfern getragen wurde, detailgetreu nachzubilden und zu präsentieren.

Zu einer Haube gehört natürlich auch eine Tracht, die ebenfalls nach historischem Vorbild entstehen soll. Obwohl der Verein für Heimatgeschichte schon einiges über die Fahnersche Tracht in Erfahrung bringen konnte, unter anderem durch die sehr hilfreiche Beratung von Eva Kowalewski vom Thüringer Landestrachtenverband, Hinweisen anderer Vereine, von Privatpersonen sowie Postkartenmotiven aus alter Zeit, stehen uns trotz allem nur wenige Quellen zur Verfügung. Das erschwert die Suche nach Informationen enorm und speziell über die Tracht der Männer in den Fahner-Dörfern ist beinahe nichts bekannt. Weder Bilder noch Beschreibungen liegen uns hierüber vor.

Deshalb nun ein Aufruf an Sie, unsere geschätzten Leserinnen und Leser. Können Sie sich noch erinnern, wie die in Großfahner und Umgebung getragene Tracht ausgesehen hat? Alte Zeichnungen und Fotos von Männer- und Frauentrachten sowie auch Originalstücke wie Blusen, Schürzen, Hosen oder Westen können uns bei unserer Suche sehr weiterhelfen. Für Informationen und Hinweise steht Ihnen unsere Email-Adresse heimat-grossfahner@web.de zur Verfügung. Mit jeder Unterstützung leisten Sie einen wertvollen Beitrag zur Kulturlandschaft unserer Gegend. Wir freuen uns über jede auch noch so kleine Hilfe!

 Der Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V.

 

Tracht lebt!

Ein Rückblick auf das 11. Thüringer Landestrachtenfest vom 26.-28. August 2016 in Neuhaus-Schierschnitz, Landkreis Sonneberg.

„Tracht lebt!“ Mit diesen Worten von Knut Kreuch, dem Vorsitzenden des Thüringer Landestrachtenverbandes, ist das bunte Treiben beim 11. Thüringer Landestrachtenfest am besten zu beschreiben. Neuhaus-Schierschnitz öffnete den Besuchern seine Tore und so wurde an insgesamt drei Tagen thüringisch, aber auch fränkisch getanzt, gesungen und gefeiert. Der Thüringer Landestrachtenverband und der Trachtenverein Schumlach luden dazu in den Landkreis Sonneberg ein. Diesem Ruf folgten am letzten Augustwochenende des Jahres fast 40 Heimat- und Trachtenvereine.

Und obwohl erst ganz frisches Mitglied im Landestrachtenverband und noch nicht in eigener Tracht, dachte der Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V.: Da müssen wir dabei sein! Ziel sollte sein, mit der Teilnahme am Festumzug Präsenz in dieser noch neuen Gemeinschaft zu zeigen. Um dabei eine gute Figur zu machen, kleidete sich jeder Mitreisende in ein historisches Gewand des Adels oder des Bauernstandes. Und so zogen Freiherr und Freifrau von Seebach mit ihrem Gefolge mitten unter vielen anderen Trachtlern in einem farbenfrohen Zug durch das südthüringische Städtchen.

Natürlich können bei einem solchen Fest so einige Trachten und Tänze bestaunt werden oder man kann sich an Musik, Gesang und Mundart erfreuen, was den Teilnehmern aus Großfahner als Quelle des Ansporns und der Inspiration für das aktuelle Projekt Trachtenforschung, aber auch für die Umsetzung weiterer Vorhaben diente. Ebenso war das Knüpfen neuer Kontakte bzw. freundschaftlicher Bande zu anderen Vereinen und die Pflege bestehender Verbindungen dieser Art Anlass der Teilnahme. Denn gemeinsam funktionieren viele Dinge leichter und auch die Freude an der Sache ist in Gemeinschaft noch einmal größer.

Petrus meinte es gut mit den Organisatoren, Teilnehmern und Besuchern und bescherte dem Landestrachtenfest die wärmsten Tage des Jahres. Den hohen Temperaturen und der stetig scheinenden Sonne geschuldet, verbrachten viele Einheimische und auch einige Trachtler die Zeit zwischen den Veranstaltungen im kühlenden Nass des örtlichen Freibades. Entsprechend säumten nicht so viele Zuschauer wie vielleicht wünschenswert, dennoch aber recht viele die Straßen entlang der Umzugsstrecke oder sahen sich die verschiedenen Auftritte einzelner Gruppen an.

Ungeachtet dessen gilt der Dank an dieser Stelle allen Organisatoren und Helfern, die mit großer Mühe und viel Herzblut das Fest gestalteten und es zu einem Ereignis machten, das in guter Erinnerung bleiben wird. Für den Verein für Heimatgeschichte Großfahner war es ein gelungener Einstieg in diese lebendige Szene mit vielen netten Begegnungen, neuen Ideen und schönen Erinnerungen.

Jenny Schmidt für den Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V.

Großfahner und Dachwig auf internationaler Bühne

Die 53. Europeade in Namur, Belgien startete mit einem fulminanten Feuerwerk. Auf den Brücken der Stadt sowie an den Ufern der Flüsse Sambre und Maas trafen sich Einwohner und Gäste, um dieses Lichtschauspiel anzusehen. Gleichzeitig begingen alle zusammen den Auftakt des größten Trachten- und Folklore-Festivals Europas.

Dazu reisten beinahe 4000 Trachtenträger, Tänzer, Sänger, Musiker und Fahnenschwinger aus 25 europäischen Ländern in die wallonische Hauptstadt. Hier feierten Jung und Alt fünf Tage lang gemeinsam ihre so unterschiedlichen Kulturen und Traditionen.

Als „Wander-Festival“ ist jedes Jahr eine andere Stadt Gastgeber dieses Folklore-Spektakels. Im Jahr 2013 machte die Europeade in der Residenzstadt Gotha Halt und zelebrierte dort ein unvergessliches Fest zum 50. Jubiläum. Wegen der so positiven Resonanz zur Gothaer Europeade und weil der nächste Austragungsort Kielce – Gothas Partnerstadt in Polen – sein sollte, setzte sich die Stadt das Ziel, zur 51. Europeade eine Bürgerfahrt dorthin mit Interessierten aus dem ganzen Landkreis zu veranstalten. Organisiert wurde die Reise vom Sonnenklar.TV Reisebüro Gotha und geleitet vom Oberbürgermeister der Stadt Knut Kreuch. Und so machen sich seit 2014 zusätzlich zum Fanfaren- und Showorchester Gotha und einer Delegation des Thüringer Landestrachtenverbandes auch Bürgerinnen und Bürger von Stadt und Landkreis und auch die Tänzer des Wechmarer Heimatvereins auf den Weg zur Europeade.

In diesem Jahr sollte Gotha auch durch eine eigene Trachtentanzgruppe in Namur vertreten werden, um die Stadt auch weiterhin bei der Europeade zu präsentieren. Aus diesem Gedanken heraus wurde dann die Thüringer Trachtengruppe Gotha gebildet. Neben Vertretern des Wechmarer Heimatvereins und der Trachtengruppe der Sieben Täler aus Tambach-Dietharz, waren auch vier Mitglieder des Vereins für Heimatgeschichte Großfahner und des Heimat- und Museumsvereins Dachwig mit dabei. Dank der engagierten Anleitung von Trainerin Natalie Kreuch und der Einsatzbereitschaft aller Tänzer konnten die Gothaer in insgesamt vier Auftritten – auch bei der großen Eröffnungsgala mit Gästen aus aller Welt – und dem Festumzug verschiedenste Thüringer Tänze und Musikstücke sowie regionale Trachten vor einem großen, multikulturellen Publikum zeigen.

Auch alle anderen angereisten Gruppen repräsentierten ihre Regionen durch Gesang, Tanz und Trachten. Vor der Kulisse der Stadt Namur und bei meist wolkenlosem Himmel zeigten sie ihr Können und ihre traditionellen Gewänder. Die Gassen waren stets gesäumt mit den buntesten Trachten, gut gelaunter Musik und jeder Menge sehr gastfreundlicher Besucher. An dieser Stelle sei die organisatorische Meisterleistung erwähnt, mit der die Stadt für Schlafplätze, Versorgung, Sicherheit und die Koordination der Veranstaltungen gesorgt hat. Es ist wieder einmal gekonnt gelungen, Menschen, die nicht dieselbe Sprache sprechen, einander eigentlich Fremde sind, vielleicht nicht einmal etwas mit Folklore zu tun haben, durch Singen, Tanzen und eine einzigartige freundschaftliche Atmosphäre zu vereinen.

Damit wurde ein wichtiger Beitrag zur bunten Kulturlandschaft Europas geleistet und auch die Thüringer Gruppen haben ihren Teil dazu beigetragen. All dies kam dem Geist der Europeade zu Gute. Ziel des Festes ist nämlich, einen friedlichen, respektvollen und harmonischen Umgang mit anderen Nationen, Kulturen und Traditionen zu leben. Einheit durch Unterschiede lautet das Motto der Europeade; Europa soll zusammenstehen. Und das war zu jeder Minute dieses Festivals in den Straßen von Namur spürbar.

Jenny Schmidt für den Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V.

Fotogalerie

Thüringer-Trachten-Postkarte No. 25

Wir sind mit unserem Forschungsthema zur Fahnerschen Tracht wieder einen kleinen Schritt weiter gekommen. Frau Ingrid Steiding aus Gierstädt machte uns auf die Thüringer-Trachten-Postkarte No. 25 aufmerksam, die ihr Mann Volker Steiding (†) in seiner viele Jahrzehnte geführten Dorfchronik abbildet. Herzlichen Dank für diesen Hinweis!

Die schöne Karte erschien um 1900 als Lithographie  in einer Serie Thüringer Trachten und zeigt die typische Tracht der Fahnerdörfer, wobei auf ihr lediglich ‚Gegend bei Erfurt‘ vermerkt ist. Die jungen Frauen, alle aus dem Nachbarort Gierstädt, sind von links nacht rechts: Hedwig Zimmermann, Rosa Spittel und Paula Steiding (Großmutter von Volker Steiding).

Als bemerkenswertes Element der hiesigen traditionellen Trachtenkleidung ist die Haube zu werten, die, je nach Stand und Reichtum der Familie, verschiedene Ausmaße und Ausführungen hatte. Die schwarzen Schmuckbänder waren ein Kennzeichen dafür, wie begütert die Familie war. Hier galt: Je länger die Bänder, desto reicher die Familie. Die Hauben waren sehr aufwändig gestaltet und aus edlen Materialien gefertigt. Samt, Seide, verschiedene Metallfäden, gestickte Verzierungen und Straußenfedern waren beliebte Materialien und die Familien ließen sich die Hauben einiges kosten.

Inzwischen hat der Verein eine solche (Kirchen)Haube als Leihgabe von Privat erhalten, die wir in einem der nächsten Beiträge vorstellen werden. Schauen Sie deshalb immer mal wieder rein! Wenn Sie uns ebenfalls mit einem Hinweis zu unserer Trachtenforschung oder einer Leihgabe unterstützen möchten, freuen wir uns über ihre Nachricht an heimat-grossfahner@web.de. Vielen Dank!

Ihr Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V.

Bestellen Sie Thüringer Kirschen!

„So schön wie auf diesem Bilde sind hier die Mädchen und Kirschen. So ist es deshalb kein Wunder, dass es mir so gut gefällt.“ – das sind die ersten Sätze auf der abgebildeten Werbekarte, die um die vorvergangene Jahrhundertwende mit dem schönen Prägemotiv für den Kauf von Thüringer Kirschen warb. Nicht umsonst, denn die Kirschen von den Fahnerschen Höhen genießen noch heute einen ausgezeichneten Ruf und die Plantagen sind zur Blütezeit, heute wie vor hundert Jahren, Anziehungspunkt für viele tausend Besucher aus Nah und Fern.

Für uns ist diese Karte doppelt wertvoll, nicht nur weil sie so schön und selten ist. Sie stellt auch ein einmaliges Zeitzeugnis dar, denn die auf der Lithografie abgebildeten Frauen tragen die „Fahnersche Tracht“, an die sich heute fast niemand mehr erinnern kann. Tracht zu tragen muss also schon damals, um 1909, vom Aussterben bedroht gewesen sein, denn uns ist bisher kein weiteres Foto mit Trachten tragenden Personen aus Großfahner oder der näheren Umgebung bekannt. Wir nehmen dieses Motiv als Ausgangspunkt für unsere Forschungen zur „Fahnerschen Tracht“ und hoffen, dass wir mit etwas Glück mehr finden als nur diese eine Karte, damit wir unserer neuen Mitgliedschaft im Thüringer Landestrachtenverband e.V. auch gerecht werden und unser Projekt mit Leben erfüllen können.

Genießen Sie nun das schöne Motiv! Und wenn Sie unserem Verein helfen möchten, unser diesjähriges Forschungsziel zu verfolgen, schreiben Sie uns einfach eine Email an heimat-grossfahner@web.de. Wir freuen uns über jeden noch so kleinen Hinweis!

Ihr Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V.

Trachten? Das ist doch von gestern!

Können Sie sich noch erinnern, dass Ihre Groß- oder Urgroßeltern zu Feierlichkeiten eine traditionelle Tracht trugen oder haben Sie schon mal eine alte Tracht aus Groß­fahner im Schrank oder in einer Truhe gefunden? Nein? Nun, wir auch nicht und wir wis­sen so gut wie nichts darüber, wie sich die Menschen vor einhundert und mehr Jah­ren im Alltag und zu traditionellen Festen am Fuße der Fahnerschen Höhen klei­deten. Doch uns hat das „Trachten-Virus“ infiziert und wir können nicht anders als er­fahren zu wollen, wie die Tracht der Kirschendörfer früher aussah. Nun könnten Sie sa­gen: „Trachten? Das ist doch von gestern!“ und sicherlich mögen viele unserer Le­se­rinnen und Leser so argumentieren, wenn wir Ihnen mitteilen, dass wir uns als Ver­ein in die­sem Jahr der Erforschung der Tracht in den Fahner Kirschendörfern ver­schrie­ben ha­ben. Antrieb zu diesem volkskundlichen For­schungs­vor­haben erhielten wir unter an­derem durch unseren sehr gut besuchten Kreativ-Markt im vergangenen Sep­tem­ber und die ganz frische Mitgliedschaft im Thüringer Landes­trach­tenverband e.V., dem Dachverband der Thüringer Trachten- und Heimatvereine, dem derzeit mehr als 4500 Mitglieder in ganz Thüringen angehören. Nun sind auch wir dabei und freuen uns sehr, mit der Unterstützung des Verbandes und der an­ge­schlos­senen Vereine die alte Tradition der Tracht in den Fahner-Dörfern wieder zu be­leben, um einen weiteren weißen Fleck auf der bunten Trachtenkarte Thü­rin­gens ein­zufärben. Ob uns dies gelingt, wissen wir noch nicht, doch auf den Ver­such kom­mt es an und der Wille dazu ist da. Nun sind die gut einhundert Jahre, die zwischen der traditionellen Trachtenkleidung und unserer Zeit liegen, nicht ohne Wei­te­res zu über­brücken und es fehlt vor allem an originalen Kleidungstücken. Von alten Foto­gra­fien wie dem obigen Werbemotiv für „Thüringer Kirschen“ aus dem Jahr 1909 wis­sen wir jedoch, dass auch die Kirschendörfer eine Tracht besaßen, die zu Feier­lich­kei­ten und teilweise im Alltag getragen wurde. Wir fangen also klein an und möchten aus die­sem Grund einen Aufruf an unsere Leserinnen und Leser richten: Wir brau­chen Ihre geschätzte Hilfe! Wenn Sie sich für das Thema Tracht und Be­klei­dung be­gei­stern können und uns in unserer selbstgewählten Aufgabe unterstützen möchten, freu­en wir uns über Ihren Beitrag. Wir suchen alte Fotos mit Trachten­mo­tiven aus der Re­gion, originale Kleidungs­stücke, Trachten­schürzen, Blusen, Hosen und als wich­tig­stes Element die Trachten­haube, die damals sehr auffällig gestaltet ge­we­sen zu sein scheint. Wir möchten die Stücke sowohl foto­grafisch als auch zeich­ne­risch do­ku­mentieren und nachbauen lassen, damit wir ein bis zwei Trachtenpaare aus­statten und zu Festen in der Region und darüber hinaus, vielleicht sogar schon zur Eu­ro­pe­a­de im Juli 2016 in Namur (Belgien), entsenden können. Selbstverständlich möch­ten wir auch die Ge­schichte der Tracht in unseren Orten erforschen und do­ku­mentieren. Wir sind überzeugt, dass unsere Aufgabe einen wichtigen Bei­trag zur kulturellen Identität unserer schönen Gegend darstellt. Gerade vor dem Hin­ter­grund der industriellen Verein­heit­li­chung und der wachsenden Globalisierung gilt es heute mehr denn je, die traditionellen Elemente der Re­g­ion zu bewahren und das Be­wusstsein dafür zu stärken. Altbacken oder von gestern ist das also keineswegs, son­dern es ist höchste Zeit dafür. Sind Sie dabei?

Für weitere Informationen steht Ihnen Familie Hempel unter der Telefonnummer 036206 26710 oder unsere Email-Adresse: heimat-grossfahner.de zur Ver­fü­gung. Unsere For­schungs­er­geb­nisse werden wir von Zeit zu Zeit hier veröffentlichen. Zögern Sie nicht und schreiben Sie uns und oder rufen Sie an. Wir freuen uns über jede Hilfe! Sie leisten damit einen wich­tigen Bei­trag zur Geschichtsforschung, der viele Menschen begeistern wird. Ihre Leih­ga­ben erhalten Sie selbstverständlich unbeschadet zurück.

Ihr Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V.