„Bahn frei!“

„Guck mal, was ich gefunden habe, gerade eben beim Aufräumen drüben!“ Da staunt einer nicht schlecht und fühlt sich beim Anblick des verstaubten, handgemalten Schildes augenblicklich in fröhliche Kinder- und Jugendtage zurückversetzt, wenn es auf dem Höch schallte: „Bahn frei!“ und die Rodelschlitten in Scharen den Berg hinuntersausten. Zweier-, Dreier-, ja sogar 10er-Bobs gab es, die es dann aber doch nicht um die Kurve schafften und meist umkippten. Was für ein Gejohle und ein Spaß. Gickelhahn, Kaperfahrten, Sprungschanze und Bande bauen, Hindernisse umfahren, Bahn ausbessern (manchmal über Nacht auch vereisen) und rodeln, rodeln, rodeln bis spät in die Dunkelheit hinein. Dann saßen die erschöpften Schlittenfahrer nur noch da und erzählten und irgendwann zog auch der letzte seinen Schlitten todmüde aber glücklich nach Hause. Bis zum Morgen…

Die „Achtung Rodelbahn“-Schilder wurden an der Kreuzung Lange Gasse – Freiheitsstraße, für die Eingeweihten bei „Seh’se“, befestigt, um Autofahrer vor den Schlittenfahrern zu warnen, die Geschwindigkeit anpassen zu lassen und bei der Fahrt auf den Höch laut und lange zu hupen. Dann sprangen alle auf und machten ihrerseits die Bahn frei. Blieb das Auto auf den letzten Metern stecken, was oft vorkam, schoben die Rodler kräftig an, um ja schnell wieder selbst fahren zu können – bei guten Bedingungen und ausreichend Schwung manchmal bis zum Feuerwehr-Gerätehaus.

Leider – alles – Geschichte, denn die globale Erwärmung ist auch in unseren Breiten immer deutlicher zu spüren. Die Schneetage wurden und werden von Jahr zu Jahr weniger und wenn mal welcher gefallen ist, liegt er meist nur für wenige Tage. Zu wenig und zu kurz für eine fröhliche Schlittenpartie auf dem Höch. Doch nicht nur der Klimawandel bedeutet, neben dem Split, das Aus für die Rodelbahn. Auch die Moderne leistet ihren Beitrag dazu und die vielfältigen Zerstreuungsmöglichkeiten, man denke da nur an Fernsehen, Handy und Internet, lassen die Menschen dem realen Leben 1.0 zunehmend fernbleiben. Schade eigentlich, denn ein ‚echtes‘ Erlebnis ist mit nichts zu ersetzen. Aber vielleicht liegt ja dieses Jahr doch ein bisschen Schnee zum Après-Ski (das gibt es noch nicht so lange) auf dem Höch!

Das im Schutt wiedergefundene Schild erinnert an manche Geschichte und fand jüngst den Weg in unsere Sammlung. Die schönen Archivfotos in Schwarz-Weiß, die bei den Schlittenpartien und Schneeballschlachten entstanden sind, wollen wir Ihnen natürlich auch nicht vorenthalten. Viel Spaß beim Betrachten und Erinnern wünscht

Ihr Verein für Heimatgeschichte Großfahner e.V.

Fotos: Angelika Gänßler und Isolde Münzel.